Unser Internet ist wieder ein Stück freier geworden, mit weniger Zensur durch private Unternehmen.
Was war die CUII?
Die Clearingstelle Urheberrecht im Internet (CUII) ist ein privater Zusammenschluss von Internetanbietern und Rechteinhabern.
Sie entschieden, welche Websites gesperrt werden sollten, und die Internetanbieter setzten das um, ganz ohne Gerichtsurteil.
Kein Gericht war beteiligt, kein rechtsstaatliches Verfahren.
Die Mitglieder: Die vier größten Internetanbieter Deutschlands (Telekom, Vodafone, 1&1 und O2/Telefonica) und eine ganze Menge Rechteinhaber. Wenn sie beschlossen, dass eine Seite gesperrt werden soll, blockierten die Provider einfach die DNS-Auflösung der Domains. Das lief komplett außerhalb der Justiz, ein privates Zensursystem im Interesse von Konzernen. Betroffen waren Streamingseiten, aber auch Plattformen wie Sci-Hub oder Piraterieseiten für Spiele.
Was wir getan haben
In einem früheren Blogpost(Englisch) habe ich im Detail beschrieben, wie wir sie veräppelt haben:
- Wir haben ihre geheime Blockliste geleakt (die Liste der gesperrten Domains war geheim!)
- Wir haben Dutzende rechtswidrige oder veraltete Sperren aufgedeckt.
- Wir haben erreicht, dass viele Domains wieder entsperrt wurden, darunter welche, die jahrelang blockiert waren.
- ... und noch viel mehr. Wir haben ihnen einfach richtig schlechte Presse gemacht.
Was sich geändert hat
Die CUII koordiniert jetzt nur noch Sperren, nachdem ein Gericht sie angeordnet hat. Das war's. Keine geheimen Abstimmungen mehr. Keine Privatzensur durch Konzerne mehr. Auf ihrer neuen Website steht: "Die CUII [...] koordiniert die Durchführung gerichtlicher Sperrverfahren und die Umsetzung von gerichtlichen Sperranordnungen."
Das ist ein riesiger Schritt.
Bisher haben Konzerne über die CUII so getan, als wären sie über dem Gesetz, und allein nach deren
privatwirtschaftlichen Interessen entschieden, was im deutschen Internet blockiert wird, was deutsche Nutzer sehen dürfen.
Damit ist jetzt Schluss.
Ab sofort gilt ein neuer "Verhaltenskodex", der für jede neue Sperre eine gerichtliche Überprüfung vorschreibt.
Das alte Verfahren, bei dem Rechteinhaber Anträge eingereicht und ein CUII-Ausschuss diese intern abgesegnet hat, ist abgeschafft.
Stattdessen heißt es jetzt:
"Nach dem aktuellen Verhaltenskodex ersetzt die gerichtliche Überprüfung des Sperranspruchs diese Verfahrensschritte (den alten internen Entscheidungsprozess der CUII).
Die CUII prüft nicht mehr die Sperransprüche, sondern koordiniert nur noch die Einleitung und Durchführung der Verfahren,
die Umsetzung der gerichtlichen Sperrentscheidungen und die Entsperrung von nicht mehr rechtsverletzenden Domains."
In der Praxis bedeutet das, dass die CUII keine Entscheidungen mehr trifft. Sie leitet lediglich Gerichtsentscheidungen weiter und teilt Internetanbietern mit, was zu tun ist. Die Version der CUII, die das Internet im namen von Konzernen zensierte, ist tot. Sie koordiniert jetzt alles lediglich, damit es reibungslos abläuft. Und das kam nicht freiwillig. Selbst die Bundesnetzagentur hat ihnen gesagt, sie sollen sich zurückhalten und die Entscheidungen echten Gerichten überlassen. Das ist ein Schritt zurück in Richtung Netzneutralität und rechtsstaatlicher Verfahren. Solche Zensurentscheidungen dürfen niemals hinter verschlossenen Türen von ein paar Firmen getroffen werden.
Leider gibt's einen kleinen Haken: die alten Sperren bleiben bestehen. Die aktuelle Sperrliste enthält weiterhin alle Seiten, die die CUII bisher auf eigenhändig blockiert hat (ganz ohne Gericht). Aber immerhin wird diese Liste jetzt nicht mehr größer.
Das große Problem der CUII war, dass es sich um eine private Organisation handelte, die den Rechtsweg umging und
Interesse von großen Firmen entschieden hat, wer was im Internet sehen darf. Dass diese Macht nun nicht mehr bei
Konzernen liegt, sondern vor Gericht gehört, ist ein überfälliger Schritt.
Riesige Rechteinhaber stehen nicht über dem Gesetz, und sie hätten es auch nie tun dürfen.
Ein Artikel dazu von Netzpolitik.org: https://netzpolitik.org/2025/die-cuii-gibt-auf-fuer-netzsperren-braucht-es-jetzt-einen-gerichtsentscheid/
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